Syntax Latein

Tempus und Aspekt im lateinischen Satz

Tempus und Aspekt

Referenzen: RHH § 207-213 ; BS § 128-130 ; KSt II 1, 111-168

 

Im Latein sind die folgenden Tempora vorhanden:

 

Präsens, Imperfekt, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I und Futur II.

 

Diese bezeichnen ein Ereignis entweder in der Vergangenheit oder Gegenwart oder Zukunft.

Jedes Tempus wird durch eine bestimmte Form bestimmt, d.h. ist abhängig damit.

 

Dagegen bezeichnet der Begriff „Aspekt“ eine besondere Art, die der Verbalvorgang unter bestimmten Umständen darstellt.

 

Die Verlaufsform der Verbalhandlung heißt „Aktionsart“.

 

Die Aktionsart eines Verbs lassen sich in zwei Kategorien einteilen:

durativ bzw. punktuell

linear bzw. momentan“.

 

Die durativen Verben bezeichnen einen langen andauernden Vorgang.

 

Die punktuellen Verben bezeichnen:

entweder den Beginn (ingressiv bzw. inchoativ)

oder das Ende (resultativ bzw. perfektiv) einer Handlung.

 

Das lateinische Perfekt bzw. Plusquamperfekt stellt einen punktuellen Aspekt dar. D.h. der Vorgang ist entweder einmalig oder bezeichnet bloß einen Zustand:

 

Caesar dixit eius modi. / Cäsar sprach folgendermaßen. (Eingang einer Handlung)

Caesar mortuus est. / Cäsar ist gestorben bzw. tot. (Ausgang bzw. Ergebnis einer Tat)

 

Das lateinische Imperfekt bezeichnet drei verschiedene Aspekte:

Durativ (lange andauernde Handlung),

Iterativ (regelmäßige Handlung)

Conativ (Versuch, der nicht erreicht hat);

 

    Caesar cum Gallis per multos annos pugnabat.

/ Cäsar kämpfte mit Galliern durch viele Jahre.

     Helvetii semper cum Germanis pugnabant.

/ Die Helvetier kämpfte immer mit Germanen.

 

Durativer Aspekt kann tatsächlich nicht nur durch deutsches Präteritum, sondern auch durch Perfekt bezeichnet werden (wie z.B. Ich habe drei Tage lang mein Buch gesucht), dennoch empfiehlt die Schulgrammatik, lateinisches Imperfekt durch deutsches Präteritum zu übersetzen, v.a. bei der Schularbeit bzw. Klausur.

 

Deutsches Präteritum gilt als Erzähltempus, besonders im erzählenden Text wie Novelle und Roman. In anderen Texten wie Gedichten, Theaterstücken, Essays usw. dominieren die Tempora des Besprechers[1]. Das entspricht aber überaus dem lateinischen Tempusgebrauch nicht. Nämlich bei der Übersetzung hängt die Wahl der Tempora von dem Stil ab. Die Übersetzung mit dem deutschen Präteritum eignet sich für Geschichtsschreibung oder Roman. Aber für Dialog oder Theaterstück bedarf es einer Überlegung.

 

Beispiele vom deutschen Präteritum als Erzähltempus:

>Was ist mit mir geschehen<, dachte er. (F. Kafka: Die Verwandlung, Kap. I)

 

Der Mann wandte sich also an den Agathon selbst, und fragte ihn, ob er nicht ein Grieche sei? und ob er in den Künsten der Musen unterrichtet worden? Agathon bejahte diese Fragen: >Kannst du den Homer lesen?< >Ich kann lesen; und ich meine, daß ich den Homer empfinden könne.< >Kennst du die Schriften der Philosophen?< >Nein, denn ich verstehe sie nicht.< >Du gefällst mir, junger Mensch! (…)<

(Ch. M. Wieland: Geschichte des Agathon, Kap. 11)

 

Die Sonne war noch eine Viertelstunde vom Gebirge, als wir vor dem Hoftore anfuhren. Es war sehr schwül, und die Frauenzimmer äußerten ihre Besorgnis wegen eines Gewitters, das sich in weißgrauen dumpfichten Wölkchen rings am Horizonte zusammenzuziehen schien. Ich täuschte ihre Furcht mit anmaßlicher Wetterkunde, ob mir gleich selbst zu ahnen anfing, unsere Lustbarkeit werde einen Stoß leiden.

(J. W. Goethe: Die Leiden des jungen Werther, erstes Buch, am 16. Junius)

[1] Vgl. Duden Bd. 4 Die Grammatik, § 1833-1844, bes. 1836 u.1843.

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